

Ein Reisebericht
Alphonse de Lamartine, Dichter und französicher Außenminister, schrieb im Bericht über seine Palästinareise in den dreißiger Jahren des 19. Jahrhunderts: "Tiberias lohnt nicht einmal von innen einen flüchtigen Blick - eine wirre und schlammige Ansammlung einiger Hundert Häuser, die den arabischen Hütten aus Schlamm und Stroh ähneln. Wir werden auf italienisch und deutsch von ein paar polnischen oder deutschen Juden begrüßt, die am Ende ihres Lebens, wenn sie nichts anderes mehr zu erwarten haben als die ungewisse Stunde des Todes, ihre letzten Augenblicke in Tiberias verbringen, an den Ufern ihres Meeres, mitten im Herzen ihres teuren Landes, um unter ihrer Sonne zu sterben und in ihrer Erde begraben zu werden, wie Abraham und Jakob."
Der Verfasser dieser Zeilen schreibt nicht aus dem Blickwinkel beiläufigen Vorbeiziehens, er ist vielmehr der Autor eines monumentalen Geschichtswerks, der "Histoire de la Turquie", in der er den Wunsch nach einer massiven Rückkehr der Juden ins Heilige Land formulierte, - Jahrzehnte vor Herzl. Mit schier unendlicher Einfühlung und Sensibilität hat der große Dichter diesen uralten und ewigen Zusammenhang zwischen den Juden und der Erde ihrer Vorfahren beschrieben.
Tiberias, Edmund von Wörndle 1869
Heutige Altstadt
Die heutige Altstadt des 212 m unter dem Meeresspiegel liegenden Tiberias hat unter der Herrschaft von Dhaher al-Omar um 1738 ihr erstes Gepräge erhalten und wurde auf den Resten der alten Stadtmauern aus der Kreuzfahrerzeit erbaut. Tiberias begann erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts über seine alten, in dem Erdbeben von 1837 stark beschädigten Mauern hinauszuwachsen - ein wesentlich späterer Start als bei Jerusalem und Jaffa, die bereits in den 1860er Jahren expandierten. In den 1920er Jahren begann die Stadt den steilen Hang im Westen mit neuen Wohngebieten zu erklimmen.
Gleichzeitig nahm die Bedeutung als jüdische Siedlung wegen der verstärkten jüdischen Einwanderung (Alija) wieder zu. Bei der großen Flut 1934 wurde die Altstadt am Ufer und die Stadtmauern erneut zerstört.
Nach dem Unabhängigkeitskrieg von 1948, in welchem die arabische Bevölkerung aus der Stadt flüchtete, wurde ein Großteil der Altstadt saniert und Handel und Tourismus kehrten mit verdoppeltem Schwung zurück. In der Zeit nach der Staatsgründung hatte Tiberias den Status einer Entwicklungsstadt. Heute thronen über den Resten der Mauer der 40.000-Einwohner-Stadt große Hoteltürme, und am Seeufer warten Fischrestaurants und Ausflugsboote auf die Touristen.
Landwirtschaftliche Pionierleistung
Tiberias liegt in einem landwirtschaftlich ausgiebig genutzten Umland. Galiläa und die angrenzenden Täler sind auch ein großes Kapitel in der Geschichte der Besiedlung und Urbarmachung des Landes durch kollektiv und kooperativ organisierte jüdische Dörfer, die Kibbuzim und Moschawim, ja der Norden war die Wiege dieser neuen Siedlungen. Für die zionistische Bewegung war die Rückkehr ins Land nicht zuletzt auch die Rückkehr zur Bestellung des Landes. In den Augen der frühen Pioniere symbolisierte der Ackerbau die Erneuerung des jüdischen Volkes in der Heimat der Vorväter.
Die beiden ersten Kibbuzim, Deganya Alef (1910 gegründet) und Kinneret (1913), wurden am Südrand des Sees Genezareth, in der Nähe des Jordanausflusses, angelegt. Schon bald verwandelte sich diese eher menschenleere Ecke des Landes in einen seiner Gärten. Kaum jemand, der heute diesen so blühenden Abschnitt des Jordantals besucht, kann sich vorstellen, dass es hier zur Jahrhundertwende noch so gut wie keine Landwirtschaft gab.
Kibbuzim Deganya Alef and Deganya Bet
Tiberias ist eine Reise wert
Das warme Winterklima zieht jährlich Tausende von Besuchern aus Europa an. Jedoch nicht nur im Winter, das ganze Jahr über sorgt das bezaubernde Panorama des Sees und seine Umgebung dafür, dass die Hotels belegt sind. Zum milden Klima kommen die schwefel- und radonhaltigen Thermalquellen in Hammat und ihre therapeutischen Einrichtungen. Von hier aus lassen sich die zahlreichen christlichen und jüdischen Stätten rund um den See Genezareth schnell erreichen. Christen besuchen vor allem Tabgha, den Berg der Seligpreisungen, Kafarnaum und die christliche Taufstelle Jardenit, Ziele der Juden sind vor allem die Gräber der jüdischen Erzmütter, aber auch die Gräber der bekannten Rabbinen Maimonides, Jochanan ben Sakkai und Akiba, der nach dem jüdischen Bar-Kochba-Aufstand gegen die Römer hingerichtet worden war, sowie das Grab seines Schülers Rabbi Meir.
Seit Jahren finden archäologische Ausgrabungen statt. Das antike Amphitheater soll in der Zukunft wieder für das Publikum geöffnet werden. Das im Jahr 1990 entdeckte Amphitheater stammt nicht wie ursprünglich angenommen aus dem 2. oder 3. nachchristlichen Jahrhundert, sondern wurde bereits kurz nach der Stadtgründung erbaut.
Petrusfisch genießen
Einen Petrusfisch in einem der zahlreichen Restaurants am Hafen zu genießen, ist ein unbedingtes »Must have« in Tiberias. Im Fischbestand des Sees kommen heute 18 Arten vor, von denen zehn wirtschaftlich genutzt werden. Der heute in den Fischlokalen angebotene Petrus-Fisch ist der von Arabern »Muscht« genannte weiße Kammfisch (tilapia galilea) aus der Gruppe der Cichliden. Seine flache Form macht ihn zum Braten besonders geeignet. Das Gerippe besteht aus einer leicht lösbaren Rückengräte und relativ wenig kleinen Gräten, was das Essen erleichtert. Er kann bis zu vierzig Zentimeter lang und zwei Kilogramm schwer werden.
Petrusfisch Händler
Es mag Touristen enttäuschen, wenn man aus biblischen Gründen bezweifeln muss, ob dieser Muscht wirklich der Petrusfisch sein kann, der auf Jesu Befehl hin von Petrus mit der Angel aus dem See gezogen wurde und in dessen Maul man dann, wie von Jesus vorausgesagt, das Zweigroschenstück, eine griechische Silbermünze, fand (Mt. 17, 24 - 27). Der Muscht ernährt sich nämlich ausschließlich von Plankton. Mit anderem kann man ihn nicht locken. Darum wird er auch nur mit Netzen und nie mit der Angel gefangen. Ganz im Gegensatz dazu werden die Barben, eine Karpfenart (Cyprinedeae) mit Bartfäden, seit frühesten Zeiten mit Sardinen an der Angel gefangen. Er wird aber nicht gebraten, sondern gekocht. Es muß betont werden, wie genau der biblische Bericht hier sogar hinsichtlich der Fischarten ist. Daß die Wirte am See aber den Touristen nur den besten Fisch anbieten wollen, wenn sie nach dem Petrusfisch verlangen, ehrt auch sie.