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Archäologie-Krimi in Jericho

Jericho entwickelte sich im 19. Jahrhundert zu einem archäologischen Magneten, der die Fachwelt wie magisch anzog und Scharen von Forschungsteams an den unteren Jordan lockte. Frederick Jones Bliss identifizierte den Tell Es-Sultan als das atl. Jericho. John Garstang stieß auf die älteste steinzeitliche Siedlungsschicht. Kathleen Kenyon entdeckte eine umfangreiche vorkeramische Siedlung aus der Zeit zwischen 7000 und 5000 v.Chr., was Jericho schließlich den Ruf einbrachte, die älteste bekannte Stadt der Welt zu sein.
1907 bis 1911 grub eine deutsch-österreichische Archäologengruppe unter Ernst Sellin und Carl Watzinger in der Jordan-Metropole. Trotz widerwärtiger Bedingungen legten sie das Meisterwerk eines strategischen Festungsbaus frei: zwei parallel verlaufende Umfassungsmauern, wobei die äußere 2 m und die innere 3,5 m dick waren.
Der britische Archäologe John Garstang grub weitere Reste der doppelten Stadtmauer sowie einen von Feuer zerstörten Wohnbereich aus und datierte deren Zerstörung ins 15. bis 14. Jahrhundert v.Chr. Diese Datierung stützte er auf ausgegrabene Tongefäße, er schrieb: "Um es auf den Punkt zu bringen: einer genauen Betrachtung der Funde und der Datierung zufolge hat die Zerstörung Jerichos so stattgefunden, wie es die Bibel berichtet. Unsere Beweise sind hierfür jedoch auf die Untersuchung der Funde beschränkt, die ergeben hat, dass die Mauern um 1400 v.Chr. anscheinend durch die Erschütterung eines Erdbebens einstürzten und die Stadt durch Feuer zerstört wurde. Die Verbindung zu Josua und den Israeliten ist beiläufig, obwohl sie gut begründet und fehlerlos zu sein scheint."

Jericho vom Berg der VersuchungJericho vom Berg der Versuchung

1952 nahm sich die britische Archäologie-Queen Kathleen Kenyon des Falls Jericho an und begann mit ihren Grabungen. Ihr Team durchschnitt den Ruinenhügel und legte systematisch seine Schichten frei. Ihre strategische Analyse führte auch zu einem Schnitt gegenüber den bisherigen Ergebnissen, nämlich zu einer weitgehenden Umdatierung: Garstangs Mauer soll bereits 2350 v.Chr. zerstört worden sein, - und damit schien Josuas Kampf um Jericho als Legende entlarvt zu sein.
Bryant Wood dagegen kam zu dem Ergebnis, dass ein beträchtlicher Teil der Keramik aus der Spätbronzezeit I (ca. 1550-1440 vChr) stammte, also aus einer Zeit, von der Kenyon behauptete, Jericho sei verlassen gewesen. Wood durchkämmte Kenyons Kommentare zu den Ausgrabungen und stellte fest, dass sie ihre Datierung nicht auf gefundene Keramik stützte, sondern ihren Schluss allein aus dem Fehlen von Keramik, nämlich des für die Spätbronzezeit typischen Modegeschirrs aus Zypern, zog. Die zu ihrer Zeit als angesagt und stylish geltende, rot-schwarze Keramik von der Mittelmeerinsel wurde bei den Ausgrabungen von Megiddo von Kenyon dazu benutzt, ihre Keramik-Typologie zu erstellen.
Die einheimische Keramik beachtete sie bei ihrer Datierung kaum. Kenyons Analyse stützte sich demnach auf das, was man nicht gefunden hatte und nicht auf das, was tatsächlich entdeckt worden war. Wood kritisierte dieses Verfahren als methodisch unsauber und nicht akzeptabel. Kenyon hatte ihr Vergleichsmaterial aus Städten wie Megiddo, die an großen Handelsrouten lagen, bezogen, während Jericho eine Kleinstadt weitab von den frequentierten Verkehrswegen war. Weiter stellte Wood fest, dass Kenyon ihre Ausgrabungen nur in den ärmeren Vierteln der Stadt durchgeführt hatte, in denen ohnehin keine teure Import-Keramik zu erwarten war. Dagegen fand Wood sehr wohl Keramik aus der Spätbronzezeit, z.B. ein Kochtopf mit innerem Rand, der sich nur aus dieser Zeit finden lässt. In den Magazinen der Universität Liverpool und im Pariser Louvre untersuchte er Garstang-Sammlungen und fand weitere Keramik aus der Spätbronzezeit – und, welch eine Überraschung, sogar die bichrome Importware aus Zypern.
Diese Entdeckungen erweisen sich als ein robustes Indiz, dass Jericho zur Zeit Josuas (1440 v.Chr.) bewohnt war und somit die Datierung Kathleen Kenyons nicht zutrifft. Die Ermittlungen waren komplex, der Aufwand kraft- und zeitaufwendig, doch Detailversessenheit und unbändiger Forscherdrang führten zur Lösung dieses Datierungs-Krimis. Eine Lösung, die das Bestreiten der biblischen Zusammenhänge zur Legende erklärt.


 

Jericho ZikoZiko, neolithischer Turm

Herodes und Kleopatra

Kleopatra bekam die Oase von ihrem Liebhaber Mark Anton geschenkt, verpachtete sie dann aber an Herodes den Großen. Nach Kleopatras Selbstmord wurde ihm Jericho von Kaiser Augustus 30 v.Chr. übergeben (Jos.bell.Jud.I, 407). In der Nähe eines hasmonäischen Palastes errichtete er am Ausgang des Wadi Qelt zu beiden Seiten des Tals einen Doppelpalast, der durch eine Brücke verbunden war. Den Palast stattete er luxuriös mit Schwimmbecken und einem Wintergarten aus. Südlich des Tell erbaute Herodes eine Pferderennbahn, heute Tell El-Samrat. Noch nicht gefunden wurde das Amphitheater des Herodes, in dem nach seinem Tod vornehme Juden umgebracht werden sollten, damit der Herrscher nicht unbeweint bliebe (Jos.bell.Jud.I, 659f).

Schätze der Essener

Der Kupferrolle aus Qumran zufolge gab es um Jericho viele Schatzverstecke der Essener (3Q15), was auf eine größere Zahl von Gemeinschaftssiedlungen der Gruppe in dieser Gegend hinwies. Die essenische Bewegung war demnach nicht auf Qumran begrenzt, sondern dehnte sich auf die Landschaft entlang der judäischen Berge aus. Möglicherweise sind noch zahlreiche Schriftenschätze in den schroffen Felsen der steilen Hänge verborgen.

Berg der Versuchung

Als »Berg der Versuchung« wurde offenbar schon in frühbyzantinischer Zeit der Dschebel Qarantal, der Ort der ehemaligen hasmonäischen Festung, bezeichnet. Möglicherweise gab es auf dem Berg eine essenische Einsiedelei (3Q15). Vielleicht hängt die christliche Ortsüberlieferung mit der Erinnerung zusammen, dass sich Jesus ähnlich wie ein essenischer Eremit zu gesammelter Einsamkeit zurückzog. Jedoch erinnert die Gegend eher an die Versuchung Jesu durch den Teufel und die 40 Tage in der judäischen Bergwelt, wie sie von den synoptischen Evangelien berichtet wird.

Frühe messianische Gemeinde in Jericho

Schon vor 70 n.Chr., der Zerstörung von Stadt und Tempel, gab es in Jericho eine judenchristliche Gemeinde (PsClemR 1,72). Möglicherweise hat sich diese Gemeinde bewusst an dem Ort, an dem Jesus getauft wurde und die 40tägige Versuchungszeit durchgestanden hat, versammelt. Oder sie hat sich zusammen mit den Essenern aus Jerusalem zurückgezogen, um sich vor der römischen Gewaltherrschaft, die gnadenlos den jüdischen Aufstand niederschlug, in Sicherheit zu bringen.