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Qumran die Salzstadt?

Qumran dürfte bereits im 8. - 7. Jahrhundert v.Chr. in der Zeit des judäischen Königreichs bewohnt gewesen sein. Entsprechend den Ausgrabungen (Zisterne) muss es sich um eine bedeutende Siedlung gehandelt haben, die mit der Ir-Melach, der im Josuabuch 15,62 genannten Salzstadt übereinstimmen könnte. Wahrscheinlich wurde sie im Zusammenhang mit den Eroberungsfeldzügen Nebukadnezars (605-562 v.Chr.) verlassen und erst wieder im 2. Jahrhundert v.Chr. besiedelt, als Anhänger der Essener dort eine Wüstengemeinschaft errichteten.

Qumran Mikve

Ritualbad

Johannes der Täufer aus Qumran?

"Oder was seid ihr hinausgegangen zu sehen? Wolltet ihr einen Menschen sehen in weichen Kleidern? Seht, die herrliche Kleider tragen und üppig leben, die sind an den königlichen Höfen" (Lk 7,25) sagte Jesus über Johannes den Täufer. Der Bericht Philos von Alexandrien (13 v.Chr. - 45/50 n.Chr.) über das große Interesse der Quamrangemeinschaft an der Bienenzucht erinnert unmittelbar an die Nahrung Johannes des Täufers.

Die Gegend am Jordan, in der Johannes taufte, dürfte vielleicht 20 km nördlich von Qumran gelegen haben: "Dies geschah in Betanien jenseits des Jordans, wo Johannes taufte." (Joh 1,28). Ob er die Bewohner der Klostersiedlung gekannt hat, ist nicht bekannt, jedoch möglich. Als Andeutung könnte Lk 1,80 verstanden werden: "Und das Kindlein wuchs und wurde stark im Geist. Und er war in der Wüste bis zu dem Tag, an dem er vor das Volk Israel treten sollte." Manches deutet darauf, dass die Gemeinschaft von Qumran auch Knaben aufnahm, so schreibt etwa Josephus: "Die Essener nehmen fremde KInder auf, solange diese noch in zartem Alter stehen und bildungsfähig sind." Dass Zacharias als Priester der essenischen Bewegung, die von Priestern gegründet wurde, nahestand, ist durchaus vorstellbar, gehörte er als außerhalb Jerusalems Wohnender doch nicht zur obersten klerikalen Schicht.

Indes unterscheidet sich Johannes der Täufer grundlegend von einem Einsiedler. Die Qumrangemeinde hat das Prophetenwort des Jesaja "Bahnt in der Wüste eine Straße für Jahwe" auf ihren Auszug in die Wüste gedeutet. Der Täufer dagegen hat sich als Prediger des Volkes verstanden, das insgesamt aufgefordert wird, das Wort vom Wüstenweg in die Tat umzusetzen: "Und sie fragten ihn: Was dann? Bist du Elia? Er sprach: Ich bin's nicht. Bist du der Prophet? Und er antwortete: Nein. Da sprachen sie zu ihm: Wer bist du dann? ... Er sprach: »Ich bin eine Stimme eines Predigers in der Wüste: Ebnet den Weg des Herrn!«, wie der Prophet Jesaja gesagt hat (Jesaja 40,3)." (Joh 1,21.23). Dem Herrn den Weg zu ebnen oblag weder ihm selbst noch einer abgesonderten Gemeinde, sondern den Hörern seiner Predigt, dem großen Volk, das aus Juda zu ihm hinausgezogen war.

Als Mitglied von Qumran wäre Johannes in einen Lebensbund eingetreten, jedoch verließ er die Wüste im 15. Jahr der Regierung des Tiberius und predigte andernorts, z.B. gegen die verkommene Moral des Herodes.

In seiner Verkündigung klingen die großen Themen der alten Propheten Israels an: Gericht und Umkehr. Seine kraftvolle Eindeutigkeit und die packenden Bilder prägten sich den Zuhörern unweigerlich ein: "Da sprach Johannes zu der Menge, die hinausging, um sich von ihm taufen zu lassen: Ihr Schlangenbrut, wer hat denn euch gewiß gemacht, daß ihr dem künftigen Zorn entrinnen werdet? Seht zu, bringt rechtschaffene Früchte der Buße; und nehmt euch nicht vor zu sagen: Wir haben Abraham zum Vater. Denn ich sage euch: Gott kann dem Abraham aus diesen Steinen Kinder erwecken. Es ist schon die Axt den Bäumen an die Wurzel gelegt; jeder Baum, der nicht gute Frucht bringt, wird abgehauen und ins Feuer geworfen." (Lk 3,7-9). Wenngleich diese Warnung allen galt, ist die Spitze gegen die jüdischen Oberen nicht überhörbar, - vielleicht in Anlehnung an den Talmud, der am Haus des Hohenpriesters Anstoß nimmt: "Wehe dem Hause des Hannas wegen ihres Schlangengezisches". Johannes warnt davor, sich auf die Abstammung von Abraham zu verlassen, dieser könne sich aus Steinen - er sieht die herumliegenden Brocken - Kinder erwecken. Der Wüstenprediger macht aus den aramäischen Ausdrücken für "Söhne", benim, und "Steine", abbenim, was zugleich "Vater der Söhne" bedeutet, ein Wortspiel, dessen Treffsicherheit ihm die Zuhörer nicht absprechen konnten.

 

Diese Schärfe lässt sich nur aus der Nähe des göttlichen Gerichts erklären. Wirkliche Umkehr muss sich am Leben zeigen. Die Volksmenge hört auf ihre Frage, was sie tun sollen, eine Antwort, die bereits vom Geist Jesu geprägt ist. Er fordert sie nicht auf, ihm in die Wüste zu folgen. Er spricht auch nicht nur die "Kinder des Lichts" an. Das ist der Unterschied zu Qumran. Sein Bußruf hat eine Weite, die allen gilt. Gott will die konkrete Hilfe für den bedürftigen Nächsten. Er fordert von den Zöllner nicht, ihren Beruf, der in schlechtem Ansehen stand, aufzugeben, sondern korrekt und gewissenhaft auszuüben. Selbst Soldaten werden durch seine Predigt ermuntert, eine Sinnerfüllung in ihrem Stand zu sehen.

Seine Predigt gipfelte in der Taufe. Sie sollte nicht, wie in Qumran geübt, eine der vielen Waschungen sein, die die levitische Unreinheit beseitigen, sie war eine Taufe zur Vergebung der Sünden. Das mit der Taufe verbundene Sündenbekenntnis sollte den Menschen auf den Eintritt in das Reich Gottes vorbereiten.

Auch aus Galiläa kam ein "Rabbi", um sich taufen zu lassen. Es könnte die Jahreswende 27/28 n.Chr. gewesen sein. Als der Täufer den im Volk noch unbekannten Jesus sah, begrüßte er ihn in prophetischer Schau: "Siehe, das ist Gottes Lamm, das der Welt Sünde trägt! Dieser ist's, von dem ich gesagt habe: Nach mir kommt ein Mann, der vor mir gewesen ist, denn er war eher als ich. Und ich kannte ihn nicht. Aber damit er Israel offenbart werde, darum bin ich gekommen, zu taufen mit Wasser. Und Johannes bezeugte und sprach: Ich sah, daß der Geist herabfuhr wie eine Taube vom Himmel und blieb auf ihm. Und ich kannte ihn nicht. Aber der mich sandte, zu taufen mit Wasser, der sprach zu mir: Auf wen du siehst den Geist herabfahren und auf ihm bleiben, der ist's, der mit dem heiligen Geist tauft. Und ich habe es gesehen und bezeugt: Dieser ist Gottes Sohn." (Joh 1,29b-34).

Christentum vor Christus?

Als die ersten Nachrichten über die Funde vom Toten Meer bekannt wurden, hat es nicht an Stimmen gefehlt, die dem Christentum jede Originalität absprechen und in Jesus einen Essener sehen wollten, - also eine Art Christentum vor Christus. Bestehen durchaus einzelne Ähnlichkeiten, sind die Unterschiede doch unübersehbar:

1. Die Essener suchten die Gerechtigkeit vor Gott durch ein abgesondertes, kultisch reines Leben zu erreichen und damit das mosaische Gesetz zu erfüllen. Damit sollte ein Bund ständiger Liebe mit der Folge der Vereinigung mit Gottes Ratschluss aufgerichtet werden. Jesus Christus praktiziert diesen vollkommenen Gehorsam, ohne dass immer neue Reinigungen in symbolischen Waschungen notwendig wären. Er wird zum einzigen wirklichen Erfüller des mosaischen Gesetzes. Alle diesbezüglichen menschlichen Versuche sind illusionär, zumal sie immer wieder in der Sünde enden. Jesus nimmt die Sünde des ihm Glaubenden vollständig auf, bereinigt sie vor Gott, spricht ihn frei und gerecht. In solcher Rechtfertigung aus Gnade besteht die Erwählung des Menschen, nicht in einer selbstgewählten Absonderung zu einer Gemeinschaft selbsternannter "Söhne des Lichts".

2. War für jeden Juden die Erwartung, dass die Gottesherrschaft kommen werde, ein wesentlicher Betandteil seiner Religion, ist die Eschatologie für die Qumrangemeinde die Mitte ihrer Frömmigkeit. Ihre ganze Lebensführung soll diesem Ziel dienen. Auch Jesus verkündigt das Reich Gottes, das nahe herbeigekommen ist, jedoch mit dem Unterschied, dass mit seinem Erscheinen die Endzeit bereits angebrochen und das Reich Gottes in ersten Anfängen gegenwärtig ist.

3. Die Qumrangemeinschaft legte besonderen Wert auf den Rückzug aus der Welt mit ihren Anfechtungen und Verderbnissen. Jesus dagegen verkehrt in aller Freiheit mit Zöllnern und Sündern und betont, dass er gekommen ist, zu suchen und zu retten, was verloren ist.

4. Jesus meidet den Tempel in Jerusalem nicht. Bereits als Zwölfjähriger hat er mit den dortigen Lehrern diskutiert, später predigt und heilt er im Tempel, beansprucht ihn als Gebetshaus Gottes.

5. Die Essener sind erfüllt von dem auf sie konzentrierten Heil. Jesu Heil ist universal, gilt ganz Israel, sogar der ganzen Welt.

6. In Qumran musste sich der Novize verpflichten, die "Söhne des Lichts" zu lieben, dagegen die "Söhne der Finsternis" zu hassen. Jesus dagegen sagt: "Liebt eure Feinde; tut wohl denen, die euch hassen; segnet, die euch verfluchen; bittet für die, die euch beleidigen." (Lk 6,27f).

7. So sehr einige formale Verbindungen bestehen, kann der Lehrer der Gerechtigkeit nicht mit Jesus Christus und allen seinen Eigenschaften und Erfüllungen des Alten Testaments verglichen werden.

Ist Qumran auch nicht die Quelle des christlichen Glaubens, so darf die Bedeutung seiner Texte nicht unterbewertet werden, schließen sie doch eine wichtige Lücke zwischen dem Alten und Neuen Testament.