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Abstieg in die tiefste Wüste

Wer heute Qumran anfährt und aus dem gekühlten Wagen aussteigt, wird schlagartig von einer Woge heißer Luft umhüllt und flüchtet gerne in den Shop mit seinen Wohlgerüchen an Parfüms aus dem Toten Meer. Gemildert wird die Hitze durch den schützenden Schatten, der im Laufe des Nachmittags von den 200 m hohen Felshängen über das Dorf wandert.

Inmitten des Wadi Qumran liegen auf einer Hochfläche die ausgegrabenen Überreste des Klosters der Essener. Von diesem Mergelplateau kann man das Auge nicht nur das Westufer des Toten Meeres entlang bis Ras Feschcha streifen lassen, sondern ebenso über die dünstende Wasserfläche hinüber zu den edomitischen Bergen Jordaniens, oder auf der westlichen Seite den geschlängelten Saumpfad entlang, der sich vom Wadi die Berghänge hinauf windet. Die etwas erhöhte Lage von Qumran bot den Bewohnern eine günstige Übersicht über die Umgebung, durch den leichten Wind auch eine luftige Atmosphäre 50 m oberhalb der Jordanebene.

Qumran Höhle 4Höhle 4

Höhlen, die Geschichte schrieben

Von den Klosterruinen sieht man teilweise auf die Höhlen, in denen die ältesten und bedeutendsten Handschriftenfunde von biblischen Texten gemacht wurden. Die Höhle 1, in der die berühmte Jesajarolle gefunden wurde, ist nicht sichtbar, sie liegt etwa 1,5 km nördlich. Jedoch vermittelt die gegenüberliegende Höhle 4 einen anschaulichen Eindruck von Art und Aussehen dieser Aushöhlungen. Die Funde sind allerdings nur ein kleiner Teil der vermutlich von den Essenern versteckten Manuskripte, da die Höhlen bereits zu früheren Zeiten in großem Umfang geplündert wurden. Von wem? - ist bisher ein Rätsel. Als erste kommen bereits die Römer in Frage, deren zehnte Legion sich lange Zeit in der Gegend aufhielt, schon allein durch die achtmonatige Belagerung von Massada. Ebenso könnten es auch spätere Bewohner oder Besucher gewesen sein, ähnlich wie bei den ägyptischen Königsgräbern.

Was erwartet uns im Dorf?

Die Klosteranlage bestand aus zwei Teilen, dem östlichen Haupt- und dem westlichen Nebengebäude. Das zweistöckige Hauptgebäude bildete einen großen, fast quadratischen Raum von 30 auf 37 m, gesichert von einem mächtigen Turm in der Nordwestecke.

Qumran Ruinen

Das untere Stockwerk diente als Lagerraum, oben waren verschiedene Funktionsräume, u.a. das Scriptorium, in dem die Lederrollen beschrieben wurden. Im Schutt fand man Reste von den herabgestürzten Schreibtischen dieser antiken »Verlagsanstalt«.

Besondere Aufmerksamkeit erfuhr der 22 m lange Saal, der als Versammlungsraum (Kapitelsaal und Refektorium, Speisesaal) gedient haben dürfte. Das Zeremoniell bei den Mahlzeiten schildert Josephus: "Wenn sie bis zur fünften Stunde (11 Uhr) fleißig gearbeitet haben. kommen sie wieder an einem bestimmten Ort zusammen, schürzen ein linnenes Tuch um und waschen sich den Leib in kaltem Wasser. Nach dieser Reinigung begeben sie sich in ein besonderes Gebäude, das kein Angehöriger einer anderen Gemeinschaft betreten darf, und versammeln sich hier, gereinigt, als ginge es in ein Heiligtum, im Speisesaal. Dort setzen sie sich in aller Ruhe nieder, und es legt alsdann der Bäcker ihnen der Reihe nach Brote vor, während der Koch jedem eine Schüssel mit einem einzigen Gericht aufträgt. Ehe das Mahl beginnt spricht der Priester ein Gebet. Nach dem Mahl betet er abermals, so dass zu Anfang und Ende Gott als der Schöpfer der Nahrung geehrt wird. Nachdem sie sodann ihre gleichsam heiligen Kleider abgelegt, begeben sie sich wiederum an ihre Arbeit bis zur Abenddämmerung."

Nahe dem Speisesaal entdeckten die Archäologen eine große und wohlgeordnete Kollektion von rund 1000 Teilen Geschirr. Die klostereigene Keramikmanufaktur wurde an der Südostecke des Hauptgebäudes aufgefunden.

Im Jahr 31 v.Chr. zerstörte ein Erdbeben die ganze Siedlung, einzelne Risse und Spalten sind heute noch sichtbar. Danach blieb Qumran ca. 30 Jahre unbewohnt, bis es man es teilweise wieder mit verstärkten Mauern auferbaute. Östlich der Mauer des Hauptgebäudes lag der große Friedhof der klösterlichen Gemeinschaft, in dem über 1100 Gräber gefunden wurden. Die in Nordsüdrichtung bestatteten Toten waren mit einer Lage von Steinen bedeckt, damit keine Erde den Körper berührte. Es handelte sich durchweg um Männer, die nicht älter als 50 Jahre waren.

Qumran abends

Die Mauern von Qumran sind als stumme Zeugen übriggeblieben. Von dem Geist, der in diesen Mauern wehte, künden die aufgefundenen Schriften der Wüstengelehrten: "Ich preise dich, Herr, denn du hast meine Seele vom Verderben erlöst. Und aus dem Verderben der Hölle hast du mich hinaufgeführt auf eine ewige Höhe." Worte der Psalmen klingen an und künden vom Lobpreis Gottes, der die Seinen nicht dem Verderben preisgibt, sie vielmehr aus der Tiefe holt und auf Höhen führt.

Intelligente Wasserversorgung

Die im Winter sturzbachartig herabströmenden Wasserfluten wurden über eine Aquädukt-Anlage aus einem Seitental des Wadi in ein großes Wasserreservoir geleitet, quasi ein Pufferspeicher, von dem aus die Zisternen und Becken des Gebäudekomplexes jederzeit nachgefüllt werden konnten. Gefördert wurde das Wasser durch ein Schöpfwerk und gereinigt durch ein Klärbecken. Damit war eine kontinuierliche Wasserversorgung gewährleistet, die durch einen heute noch sichtbaren geschwungenen Kanal zu den Entnahmestellen führte, - vor allem zu den diversen Wasserbecken, deren Stufen-Abgänge auf rituelle Waschungen und Reinigungsbäder schließen lassen.