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Sensation am Toten Meer

Die aufsehenerregende Geschichte begann an einem Sommertag des Jahres 1947, als der junge Beduine Mohammed ad Dib ("der Wolf") etwa 12 km südlich von Jericho seine Ziegenherde hütete. Als er einem verirrten Tier nachstieg, entdeckte er den Eingang zu einer Höhle, die seine Neugier weckte. Mit einem Freund drang er in das Innere vor und entdeckten mehrere mit Deckeln verschlossene Tonkrüge, die zwischen den Scherben anderer, zerschlagener Krüge standen. Schon wähnten sich die beiden Hirten als die glücklichen Finder eines Goldschatzes, doch bis auf einen waren alle Krüge leer. Aus diesem einen zogen sie eine große unf zwei kleinere Lederrollen, eingewickelt in Leinwand, die mit konservierendem Wachs und Asphalt getränkt war. Enttäuscht zogen sie mit ihrem Fund davon und brachten ihn einige Zeit später zu dem syrischen Antiquitätenhändler Kandu nach Bethlehem. Als Mitglied der syrisch-jakobitischen Gemeinde hielt er die Schrift für syrisch und verwies die beiden jungen Männer an das syrisch-orthodoxe St. Markus Kloster in Jerusalem. Nach einigem Hin und Her kaufte der Erzbischof Mar Athanasios den Beduinen die Rollen schließlich ab. Die Mönche ließen sich die Fundstelle zeigen und müssen die restlichen Schriften aus dieser ersten Höhle gefunden haben.

Qumran HöhlenHöhle 10

Aus den in Höhle 1 gefundenen Scherben schloss man später, dass über 50 solcher Schriftkrüge dort gelegen haben mussten. Es scheint, dass die Höhle schon in früheren Zeiten entdeckt worden war und lediglich der kleine Rest von sieben Schriftrollen der Plünderung entgangen war.

Als der bedeutende Archäologe William F. Albright die Fotokopie einer Schriftrolle zugesandt bekam, schrieb er unverzüglich nach Jerusalem zurück: "Herzlichen Glückwunsch zum größten Handschriftenfund unserer Zeit!"

Heute befinden sich die sieben aus der ersten Höhle stammenden Schriftrollen im "Schrein des Buches" im Israel-Museum in Jerusalem. Der bedeutendste Text ist die "Jesaja-Rolle", deren 54 Schriftkolumnen das ganze Jesaja-Buch enthalten. Die Jesaja-Rolle ist die älteste der gefundenen Schriftrollen und zugleich das älteste in sich abgeschlossene Manuskript eines biblischen Buches. Erwartungsgemäß interessant ist der Vergleich zu den uns heute vorliegenden Bibeltexten? Erstaunlicherweise stimmt der heutige Text im wesentlichen mit den alten Schriftrollen vom Toten Meer überein. So bestätigt diese Schriftrolle aus dem 1. Jahrhundert v.Chr. die zuverlässige Überlieferung der Heiligen Schrift.

Shrine Dach 1 KopieSchrein des Buches

Lebten Essener in Qumran?

Können die Bewohner der klösterlichen Qumrangemeinschaft mit den Essenern identifiziert werden? Auch wenn die Frage bislang nicht eindeutig zu klären war, sprechen viele Gründe dafür, dass Qumran das Zentrum der Essenerbewegung mit etwa 4000 Anhängern im ganzen Land war.

Die Anfänge liegen in Kreisen der Jerusalemer Priesterschaft, die sich von dem herrschenden, echter Torafrömmigkeit fernen Hochklerus trennten. Der nie mit Namen benannte "Lehrer der Gerechtigkeit" als Vorsteher der Qumrangemeinschaft sah sich im Kontrast zum "Frevelpriester" in Jerusalem. Nach anfänglicher scheinbarer Wahrhaftigkeit würde dieser hochmütig, übertrete die Gebote, gehe auf "Greuelwegen", würde schließlich von den Heiden gequält und getötet. Diese Aussage der Texte erfüllte sich in den Jahren 152-143 v.Chr., der Zeit als Jonathan von den Syrern zum Hohenpriester ernannt, im Jahr 143 gefangen genommen und nach längerer Gefangenschaft umgebracht wurde. Wahrscheinlich zog sich in dieser Zeit eine ansehnliche Gruppe der Essener, die sich vom offiziellen Judentum trennten, nach Qumran in die Einsamkeit am Toten Meer zurück.

Die Gemeinderegel der Essener

Eine weitere, fast 2 m lange Lederrolle enthält die Vorschriften der jüdischen Glaubensgemeinschaft der Essener. Der erste Teil beschreibt einen "Bund ewiger Liebe", der die Mitglieder der geweihten Gemeinde mit Gott verbindet. Der zweite Teil handelt von den "beiden Geistesarten des Menschen", dem Geist des Lichts und der Wahrheit und dem Geist des Widersachers, voller Irrtum und Finsternis. Im dritten Teil werden die Ordensregel und die Aufnahmebedingungen beschrieben.

twa 200 jahre war Kirbet Qumran von den Mitgliedern der essenischen Bewegung bewohnt, die entsprechend der "Großen Regel" lebten: "Sie sollen sich absondern aus den Wohnungen der Sünder und in die Wüste gehen, um dort den Weg des Herrn zu bahnen, wie geschrieben steht: 'Bereitet in der Wüste einen Weg für den Herrn, machet gerade in der Steppe eine Straße für unseren Gott.'"

Wer war in Kirbet Qumran?

Die in der Nähe der Höhle liegenden Ruinen im Wadi Qumran wurden zunächst für eines der häufig anzutreffenden römischen Kastelle gehalten. Oder könnte eine Verbindung zu den Höhlenverstecken vorliegen? Der römische Geschichtsschreiber Plinius der Ältere beschreibt ein Kloster, das er nördlich von En Gedi am Westufer des Toten Meeres gesehen habe. Die 1951 beginnenden Ausgrabungen des Dorfes übertrafen alle Erwartungen: sie legten das Kloster Qumran frei, in dem die Schriftrollen angefertigt worden sein mussten.

Qumran Gebäudereste

Nach dem archäologischen Befund darf der freigelegte Komplex nicht einseitig im Sinne eines Klosters mit festen Wohnbereichen und Mönchszellen verstanden werden, vielmehr war Qumran ein Zentralort, wo gemäß Philo die besonderen Reinigungsriten, die "Mysterien des heiligen Lebens" vollzogen wurden. Die Gemeindeglieder wohnten wahrscheinlich in der näheren und weiteren Umgebung in einer Art Zeltsiedlung, die dem Ideal des Lagers des Gottesvolkes beim Exodus entsprechen sollte. Teils mussten auch Familien der Gemeinschaft angehört haben, da man einen Friedhof mit Gräbern von Frauen und Kindern fand. Einzelne werden die Einsamkeit der vielen Höhlen an den Berghängen vorgezogen haben, ähnlich den ersten christlichen Eremiten im nahegelegenen Kidrontal.

Noch mehr Höhlenfunde

Etwa 1,5 km nördlich des Ruinendorfs liegt Höhle 1, in deren Nähe die Beduinen Höhle 2 entdeckt hatten. Durch diese Funde aufmerksam geworden schickte die Jordanische Altertumsbehörde 1952 eine Expedition in die Gegend und ließ sie von sieben Trupps durchkämmen. In 26 Höhlen fanden sich Keramikreste vom gleichen Typ wie in Höhle 1, jedoch nur zwei Höhlen bargen Fragmente von Handschriften. In Höhle 3, einen weiteren Kilometer nördlich von Höhle 1, entdeckte man die berühmte Kupferrolle. Höhle 4, die vom Plateau des Dorfes aus sichtbar ist, lieferte mehr als 20.000 Fragmente von rund 400 verschiedenen Handschriften.